Samstag, 31. Dezember 2022

gdm, LZ132, Tokio (1), GX4 & goodbye 2022 (13)

 Die letzten beiden Uploads als Jahresabschluss sind ab jetzt auf YouTube. Vielen Dank an alle die sich die Videos ansehen und Rare Appearance unterstützen. Sobald ich wieder in Berlin bin kann ich endlich damit anfangen die LPs zu archivieren und digitalisieren. Das externe CD-Laufwerk welches ich mit nach Tokio genommen habe erlaubt es mir aber schonmal mit den CDs zu beginnen. Die LZ 132 Aufnahme habe ich vor meiner Abreise in Berlin gemacht. Den vollen Text zu GDM gibt es außerdem hier zu lesen.


 

Guillaume de Machaut (* ca. 1300; † 1377) war ein französischer Dichter und Komponist. Obwohl er eine der letzten Komponisten ist, die außerhalb Deutschlands noch in der Tradition der Trouvère schreiben ist er als avantgardistisches Aushängeschild der Ars Nova hauptsächlich bekannt durch eine Revolution der mehrstimmigen Chorale. Außerdem komponiert er zukunftsweisende geistliche sowie säkulare Musik. Während seines Lebens produziert er eine unglaubliche Anzahl an Werken, historischen Dichtungen, Balladen, Motetten sowie die Messe de Notre Dame ein Meilenstein des Mittelalters.¹ Nach mehreren Stationen, unter anderem als Schatzmeister und Sekretär im Dienste von Johann von Böhmen wird er nach Verdun und Arras ab 1337 Kanoniker in der Kathedrale von Reims, wirkt also dort an der gesamten Liturgie mit. Nach dem Tod von JVB in der Schlacht bei Crécy (also Ende & Auftakt zugleich), steht er im Laufe der nächsten Jahre im Dienst von Jutta von Luxemburg oder Johann von Berry (Jean de Valois, duc de Berry), so auf Söldner angelehnt. Dem Les Très Riches Heures du Duc de Berry werde ich mich später auch nochmal genauer widmen - über das "Limburger Blau" habe ich zum ersten mal erfahren als ich mit Max eine Dokumentation über die Brüder von Limburg gesehen habe, vermutlich irgendwann nachts im Hotel als wir von einem Auftritt in Aachen wiedergekommen sind.

Standbild aus "The Art of Illumination", Dir: Christopher Noey, Met NYC (2013)

 

Außerdem ist er Verfasser einer Chronik des Kreuzzuges gegen Alexandria, wobei er sich dabei ausschließlich auf Berichte von Teilnehmern verlässt. Dass sich ca. 576 Jahre später unter dem Schlachtruf „Ritterlich im Kriege, wachsam für den Frieden“ eine weitere europäische Formation in Richtung Nordafrika aufmacht ist jedoch Teil einer anderen Geschichte. In René Girards „Der Sündenbock“ ist Machaut’s (mittelalterlichem) Antijudaismus ein ganzes Kapitel gewidmet. Leider komme ich zurzeit nicht an das Buch, mehr finde ich zu dieser Erzählung leider nicht. Die wenigen Details die ich bis jetzt kenne erschüttern vor allem wegen ihrer Ähnlichkeit zu aktuellen Denkbildern, nicht nur im Bezug auf die Covid-19-Pandemie.

Als Künstler der Selbstarchivierung ist es vor allem sein Prologue, den er gegen Ende seines Lebens schreibt welcher mich besonders interessiert. Während ich also momentan an Geschichte+ (eine geplante Publikation) arbeite, die als Hilfestellung zur Lesbarkeit meiner Arbeiten dient, wartet GDM damit bis zum Ende seines Schaffens. Die personifizierte Natur zeigt ihm seine Berufung auf, drei ihrer Kinder werden ihm als Unterstützung angeboten. - retorique, musique und scens - Während retorique und musique eher technische Fähigkeiten darstellen, (Musik stellten er gleich mit der Dichtkunst gleich, beide sind außerdem Bedingung für die Existenz des jeweils anderen) wird es bei scens etwas freier. scens verwandt mit engin (intelligence, tool, apparatus) - scheint ein konzeptionelle Taktik der Koordination zu sein. Das Finden einer Problemstellung sowie die Erschaffung eines Bildes, die Imagination und Entscheidungsfindung. Während der gesamte Prolog, obwohl sechs Jahre vor seinem Tod geschrieben als „preface to his poetic corpus“ gilt,² ist scens eine Art original creativity und die Organisation seines poetic processes. ⁄d 

 


Ein ganzes Leben lang semi-autobiografisch zu dichten und sechs Jahre vor dem Tod einen Prolog zu schreiben… sind das Unsicherheiten im gesamten künstlerischen Narrativ, ist es eine Entschuldigung oder Begründung, ein Kontrollzwang über die Lesart der eigenen Arbeit? Es bleibt wie gewohnt spannend, fest steht dass bei Machaut viel öfter als gedacht von einem Künstler als nur von einem Dichter und Komponisten sprechen muss.

¹ S. Kayser - Ein Avantgardist des Mittelalters - BR Klassik, 30.11.2020
² Shirley Lukitsch - Medium Ævum , 1983, Vol. 52, No. 2 (1983), pp. 258-27

Rare first version (misprint) of an an accompanying DIN A4 sheet for the presentation of Tokio 1 & GX4 oder die Venus von Wilmersdorf © Karl Alexander Seidel
 
Das Semester ist jetzt vorbei, im Januar allerdings gibt es noch eine Abschlussausstellung der Absolvierenden im Museum der Universität. Es war interessant zu sehen wie anders aber intensiv sich die Studierenden hier mit ihrer Arbeit und Skulptur auseinandersetzen, dadurch wuchs über die letzten Monate erneut auch mein Interesse (an Figur). Nach Düsseldorf & a farm for sale diesen Sommer habe ich letzte Woche zum Semesterabschluss Tokio (1) & GX4 oder die Venus von Wilmersdorf präsentiert. Zu meinen neuen Arbeiten im Rahmen unserer Ausstellung und des Semester kommt demnächst ein etwas längerer Post. Bevor das Jahr endet gibt es hier noch einige schnelle Verweise auf Vergangenes und bald/immernoch Aktuelles.

 

 

Hier nochmal eine (Aus)wahl zwischen "Fugazi Live in Hamburg" oder "Glenn Gould Live in Salzburg und Moskau" wobei die Aufnahme der Three-Part Invntions meine Empfehlung ist. Ich erinnere mich mit Clara während ihrer Zeit in Tokio über Glenn Gould gesprochen zu haben  - kurz vorher hatte ich diese Aufnahme gefunden und war direkt vom anderen Glenn Gould fasziniert.




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